Wenn Kinder enttäuschen

Wenn die anderen dich enttäuschen, dich verlassen und nicht an dich glauben, schau nach OBEN, denn Gott ist treu.

Ismael Mejía

Diesen Gedanken von Ismael Mejía erhielt ich von einer Schwester im Geiste, die damit zurechtkommen muss, dass zwei ihrer fünf Kinder den Kontakt zu ihr abgebrochen haben. Die Erinnerung an Gottes Treue tröstet sie und mich, hoffentlich auch Sie, liebe Lesende. Gläubige Menschen schöpfen Kraft aus der Gewissheit, dass Gott verlässlich ist. Treue Menschen machen seine Treue im Hier und Jetzt erfahrbar. Sie bringen Gelassenheit und Sicherheit in das Leben. Die Erfahrung von Untreue hingegen kann sehr schmerzhaft sein.

Verbindlichkeit zwischen Eltern und Kind

Kann man in Bezug auf die Beziehung zwischen Eltern und Kind von Treue im Sinne von verbindlichem und verlässlichem Handeln sprechen?, frage ich mich.
Emotionale Verlässlichkeit der Eltern ist grundlegend für eine positive Entwicklung von Kindern hin zu Selbstbewusstsein und Autonomie. Treue so verstanden ist zentral in der Beziehung der Eltern zum Kind. Umgekehrt passt dieser Anspruch nicht. Muss ein Kind die Rolle des Verlässlichen gegenüber Eltern zu früh einnehmen, ist es damit überfordert. Parentifizierung wird dieses Phänomen genannt. Solche Situationen belasten ein Kind. Es muss zu früh fürsorglich und verantwortungsvoll handeln, es wird noch in den Kinderschuhen erwachsen. Die damit verbundene Überforderung kann zu Perfektionismus, Überverantwortlichkeit und zu einem Helferkomplex führen – nicht selten für Erwachsene ein Grund für eine Therapie.
Und wenn die Kinder gross sind? Wie steht es mit der Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern? Erwachsen werden bedeutet, Verantwortung für sich übernehmen – und für andere, für eigene Kinder, für Mitarbeitende, für Hilfsbedürftige, für Beziehungen. Auch für Eltern? Dürfen Eltern von erwachsenen Kindern Treue im Sinne von Kontakt, Hilfsbereitschaft, Verbindlichkeit erwarten?

Verbindlichkeit ist Geschenk

Eine gelingende Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern können wir weder erwarten noch einfordern, Fürsorge schon gar nicht. Zuwendung ist ein Geschenk. In anderen Kulturen mag das anders sein, sind Junge die Lebensversicherung der Alten.
Die Verbindung mit Kindern ist etwas Wunderbares. Sie verändert sich, kann immer wieder neue Facetten annehmen und an Tiefe gewinnen. Ich darf dies in der Beziehung zu meinem Erstgeborenen erfahren. Sein Bruder hat einen anderen Weg gewählt. Er sieht sich nicht in der Verantwortung für die Pflege der Beziehung zu seiner Mutter. Er hat sich abgewendet. Kinder die ihre Eltern verlassen, entziehen sich der Entwicklung einer Erwachsenenbeziehung zwischen Eltern und Kind. Ihr oft nicht nachvollziehbarer Kontaktabbruch sorgt für Irritation und Enttäuschung. Und doch – gewisse Kinder wählen diesen Weg, vielleicht ein Weg, sich selbst treu zu bleiben? Wir wissen sehr wenig.

Ismael Mejía sagt es: Allen enttäuschten Menschen bleibt die Kraft der ewigen Treue, die wir Gott nennen. Das ist Alles. Die segnende Kraft seiner Treue führt verlassene und enttäuschte Menschen zum inneren Frieden.