
Schicksal meint die glücklichen oder traurigen Ereignisse im Leben, auf die wir wenig Einfluss haben. In der spanischen Sprache bedeutet Destino mehr, nämlich Bestimmung und Richtung oder Ende einer Reise. So verstanden ist das Schicksal mehr als das persönliche Los. Es ist ein Treiber, ein Weg und eine Ankunft. In diesem Sinn ist der Mensch dem Schicksal nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Er kann mit dem Unvermeidbaren weitergehen und Ziele erreichen. Ankommen.
Leben bedeutet unterwegs sein, traurig oder fröhlich, selten ruhig. Das Schicksal stösst und zieht. Ausruhen im Ankommen scheint im Hier und Jetzt nicht vorgesehen zu sein. Was wir persönliches Schicksal nennen, liegt selten in unserer Hand, etwa ob ein Kind den Kontakt zur Familie abbricht oder die Mutter aus dem Gedächtnis streicht. Verstehen können wir einen schweren Schicksalsschlag selten, den grossen Schmerz aber als Zeiger auf dem Weg zu unserer Bestimmung begreifen.
Wo ankommen wollen?
Heute stelle ich mir die Frage, wo ich eigentlich ankommen möchte. Was ist so bedeutend, dass ich sogar bleiben möchte? Während vieler Jahre war ich auf der Suche, ohne zu wissen wonach. Umwege waren mein Schicksal. Irrwege auch. Heute kenne ich das Ziel meiner Sehnsucht. Es ist die ewige, alles umfassende Liebe: Gott.[1] Die Ankunft in seinem unendlich hellen Licht ist meine Bestimmung. Der Weg ins Licht durch alle Wirrungen hindurch ist zwingend, jeden Tag, bis zum Tod und darüber hinaus. Das ist allerdings nicht Schicksal. Dafür habe ich mich in Freiheit entschieden.
Das ewige Licht ankommen lassen
Jetzt haben wir Advent. Es ist die Zeit des Wartens auf neues Leben, das den Wurzeln des halbverdorrten Baumstumpfs entspringt. (vgl. Jes.11,1)
Und es ist die Zeit des Erwartens:
»Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell«. (Jes. 9,1)
Während ich noch abwartend im Dunkel sitze, zögerlich zaghafte Schritte hin zu meiner Bestimmung setze, eilt sie mir schon längst entgegen, seit Ewigkeiten, die allesumfassende Liebe. Sie möchte auf der Erde ankommen. In Lichtgeschwindigkeit eilt sie uns allen entgegen. Sie ist schon da, noch bevor wir bei ihr ankommen wollen.
[1] Vgl. dazu meine Glaubensbiografie: Irina Bach (2025): Im Glanz des warmen Lichtes. Remscheid: Rediroma Verlag. ISBN/GTIN 978-3-98885-973-0